Wenn kleine Wesen große Gefühle auslösen
Heute Morgen huschte ein kleines rostbraunes Eichhörnchen über meinen Weg – flink, lebendig, voller Tatendrang. Und zack! Da war sie wieder, diese Welle.
Nicht aus Tränen, sondern aus Erinnerungen.
Meine Mutter liebte Eichhörnchen. Auf ihrem Bett saßen sie als Stofftiere, und ihr erstes Auto – ein alter VW Käfer – trug ein Steiff-Eichhörnchen-Anhänger am Rückspiegel.
Ein Glücksbringer, der sie viele Jahre begleitet hat, unfallfrei.
Schon zu ihren Lebzeiten musste ich bei jedem Eichhörnchen an sie denken, aber jetzt ist es anders. Heute spüre ich, wie sie in jedem kleinen pelzigen Wesen weiterlebt – als würde sie mir zuwinken und sagen: „Hey, ich bin da. Mach dir keine Sorgen.“
Ein schöner Moment des Innehaltens. Kein Weinen mehr, nur ein warmes Lächeln.
Trauern ist ein Prozess mit vielen Höhen und Tiefen. Mal ist es schwer und dann gibt es wieder so spezielle Momente wie der heute Morgen, obwohl es doch nur ein Eichhörnchen war.
Von Rübensaft und Rührung
Vor ein paar Wochen war das noch anders. Da reichte schon ein Becher Rübensaft, um mich aus der Fassung zu bringen.
Sie liebte diesen süßen Aufstrich, der sie an ihre Kindheit erinnerte. Ich sehe sie förmlich vor mir – die kleine Ingrid, wie sie nach dem Spielen hungrig in die Küche läuft, sich ein Brot mit Rübensaft schmiert und fröhlich lacht.
Diese Bilder tun weh und gleichzeitig gut.
Trauer ist eben ein seltsamer Begleiter: Sie bringt Tränen, aber auch Lächeln. Und manchmal beides zugleich.
Die Wellen der Trauer – und das Meer in uns
Der US-Psychologe George A. Bonanno beschreibt, dass Trauer wie das Meer ist:
Manchmal ruhig und klar, dann wieder aufgewühlt. Die Wellen kommen – und gehen. Zwischen den Wellen gibt es immer wieder Phasen der Ruhe, in denen Heilung geschieht.
Ich empfinde das genauso. Anfangs war jede Welle ein Tsunami, doch mit der Zeit werden sie sanfter.
Manchmal kommt eine große, dunkle Welle, die dich mitreißt, dann folgt wieder eine ruhige Phase, in der du atmen kannst. Und mit jeder Welle wird der Abstand etwas größer.
Der Schmerz verändert sich, er wird tragbar.
Er verliert an Schärfe, die Liebe bleibt.
Ich finde dieses Bild so tröstlich:
„Du bist nicht die Welle. Du bist das Meer. Die Form vergeht, das Wesen bleibt.“
– Ramana Maharshi (frei zitiert)“
Auszug aus Realitäts Reset – Bewusstsein Reloaded von Ben J. Kress
Die Wellen kommen und gehen, aber das Meer – das, was uns wirklich ausmacht – bleibt ruhig und tief.
Deine Welle der Erinnerung
Wie ist das bei dir?
Kennst du auch diese Wellen, die manchmal ganz plötzlich auftauchen?
Beim Duft von frisch gebackenem Brot, beim Lieblingslied eines geliebten Menschen oder wenn ein Ort dich zurückversetzt in „Damals“?
Frage an dich: Wie gehst du mit deiner Trauer um?
Vielleicht hilft es dir, diese Wellen nicht zu bekämpfen, sondern dich sanft von ihnen tragen zu lassen. Denn Trauer will nicht weggedrückt werden – sie will bewegt werden.
Trauer darf leicht werden
Mit der Zeit lernt man, auf den Wellen zu reiten, statt unterzugehen.
Und irgendwann merkst du: Sie tragen dich – nicht mehr fort, sondern weiter.
Heute hat mir ein kleines Eichhörnchen das gezeigt. 🐿️
Danke, Mama.
Kintsugi – Die Kunst, aus Zerbrochenem Gold zu machen
Zerbrochen – und trotzdem schön
In Japan gibt es eine Philosophie, die mich tief berührt: Kintsugi (japanisch 金継ぎ)
Dabei werden zerbrochene Keramikstücke mit Gold repariert – die Bruchstellen werden nicht versteckt, sondern vergoldet.
Das Ergebnis: Ein neues, einzigartiges Kunstwerk, das seine Geschichte stolz trägt.
Was für eine wunderschöne Metapher für das Leben – und für Trauer.
Auch ich fühle mich manchmal wie ein zerbrochenes Gefäß.
Aber gerade die Risse sind es, die mir zeigen, wo das Licht hereinkommt.
Die goldene Kunst des Heilens
Kintsugi heißt übersetzt „goldenes Zusammensetzen“ – und das braucht Zeit, Geduld und liebevolle Aufmerksamkeit.
So wie die Trauer.
Ich spüre, wie ich nach und nach alle Teile meines Herzens zusammensetze – mit Erinnerungen, Dankbarkeit und neuen Erkenntnissen – und sie mit Gold verklebe.
Das ist meine Art der Heilung.
Vielleicht ist Kintsugi auch für dich ein schönes Bild:
Nicht alles, was zerbricht, ist verloren.
Manches wird durch den Bruch erst vollkommen.
Mir gefällt diese Sichtweise sehr. Aus diesem Grund erwähne ich Kintsugi. Diese alte Technik hebt die „Narben“ als Teile der neuen Gestalt bewusst hervor und lässt sie glänzen. Sie werden nicht kaschiert, sondern bewusst betont. Sie werden nicht verdrängt, sondern hervorgehoben.
So bin ich jetzt ein neues Gefäß mit neuem Bewusstsein. Wir gehen im Leben gestärkt aus Rissen und Brüchen hervor.
In meinem Buch Wohlfühlogie, (m)eine Wissenschaft des Wohlfühlens habe ich auch das Thema KINTSUGI aufgegriffen (S. 283). Dazu gibt es einiges zu wissen und es werden auch Workshops angeboten um diese Kunstform zu erlernen und zu erleben.
🍂 Wenn die Natur loslässt – Lernen vom Jahreskreis
Der Rhythmus des Lebens
Mit dem Herbst beginnt die Zeit des Loslassens.
Die Natur zieht sich zurück, sammelt ihre Kräfte und übergibt Altes vertrauensvoll dem Wandel. Blätter sinken zu Boden – leise, würdevoll, als wüssten sie: jedes Ende trägt bereits den Anfang in sich.
Auch wir dürfen von diesem Rhythmus lernen.
Es ist, als würde uns der Jahreskreis sanft zuflüstern:
„Halte nicht fest, was gehen möchte – vertraue darauf, dass Neues wachsen wird.“
So wie die Bäume ihre Blätter loslassen, dürfen auch wir alte Gedanken, Sorgen oder Rollen ablegen, die uns nicht mehr nähren. Denn erst, wenn wir leer werden, kann das Leben uns wieder neu füllen.
Trauer folgt dem gleichen Rhythmus.
Loslassen, Ruhen, Neubeginn.
Es ist der Kreislauf von Leben und Tod – wie eine Drehtür zwischen den Welten.
In dieser Jahreszeit werde ich stiller zum Ende des Sommers -SAMHAIN feierten schon die Kelten, das uralte Ahnenfest in der Nacht vom 31. Oktober zum 1. November.
Ein Wendepunkt im Jahreskreis, an dem das Alte verabschiedet und das Neue begrüßt wird. Heute kennen wir diesen Tag als Halloween – doch seine ursprüngliche Bedeutung ist viel tiefer: Samhain war eine Nacht der Stille, des Dankens und des Erinnerns.
Die Menschen glaubten, dass in dieser Zeit die Schleier zwischen den Welten dünner werden – eine Einladung, mit den Ahnen in Verbindung zu treten, Frieden zu schließen oder einfach innezuhalten.
In der damaligen Vorstellung der Kelten starb ein Mensch nicht einfach und war verschwunden, vielmehr war der Tod ein Teil des natürlichen Zyklus. Er stellte nicht das Ende dar, sondern die Verstorbenen änderten lediglich ihre Form. Samhain war die Nacht, in der man sich mit den eigenen Ahnen verband, um Ungeklärtes aus der Welt zu schaffen, sich auszusöhnen und um Unterstützung zu bitten.
Laut Andreas Hofeneder, Professor der Keltologie an der Universität Greifswald, hatten die Kelten aber auch Angst vor verirrten Seelen und sogenannten Wiedergängern. Sie versuchten diese mit Opfergaben zu besänftigen – Erntedank kennen wir heute noch.
Wir können am 31. Oktober in die spirituelle Bedeutung von Samhain eintauchen. Ich denke, es ist immer hilfreich, sich mit dem eigenen zyklischen Dasein zu verbinden. Wir existieren nie losgelöst von unserer Umwelt und den natürlichen Rhythmen, auch wenn wir das manchmal vergessen. Wahrscheinlich brauchen die meisten von uns in der dunklen Jahreszeit mehr Schlaf, Ruhe und Zeit für uns, während wir im Sommer mehr nach außen gerichtete Energie haben, gerne unter Leuten sind und spontaner in den Tag hinein leben. Und das ist okay so!
Wir dürfen uns jetzt mehr auf uns selbst konzentrieren und neue Ideen, Ziele und Wünsche ausbrüten, bevor sie dann das Licht der Welt erblicken. Der sogenannte Jahresendsport, dazu habe ich einen Blogbeitrag geschrieben To-Want Liste.
Dieses Jahr werde ich die Qualität von Samhain besonders für mich nutzen um beim traditionellen Grünkohlessen an meine liebe Mu(tter) denken.
Vielleicht magst du ja auch ein Familienrezept kochen oder Fotos von Verstorbenen, die dir nahe standen bei dir Zuhause aufstellen?!
Um geboren zu werden, benötigtest du:
2 Eltern
4 Großeltern
8 Urgroßeltern
16 Ururgroßeltern
32 Urururgroßeltern
64 Ururururgroßeltern
128 Urururururgroßeltern
256 Ururururururgroßeltern
512 Urururururururgroßeltern
1,024 Ururururururururgroßeltern
2.048 Urururururururururgroßeltern
SELBSTREFLEXION
Was darf in deinem Leben sterben, damit etwas neues geboren werden kann?
Vielleicht spürst du in dieser Jahreszeit auch das Bedürfnis, nach innen zu gehen.
Ein Licht anzuzünden.
Ein Familienrezept zu kochen.
Oder Fotos deiner Liebsten aufzustellen – als stilles „Danke“ für alles, was war und was dich geprägt hat.
„Neubeginn aus dem Vergangenen“
Zum Abschluß habe ich noch ein wie ich finde wunderschönes Gedicht zu dem Thema:
Die Jahreszeiten unseres Lebens…
„Mutter Natur lebt es uns immer wieder in ihren Zyklen vor…
Jede Jahreszeit liegt als energetischer Fingerabdruck in uns…
weil wir ein Teil von ihr sind…
Auch wir unterliegen diesen Rhythmus des immer wieder Werden und Vergehen…
Jedes Jahr aufs neue…
wir sollten uns mehr an den Jahreszeiten orientieren…
Uns immer wieder mit ihr verbinden und zum stillen Beobachter werden…
Was jetzt gerade um uns in der Natur geschieht ist genau jenes was in uns selbst geschieht…
Sei wie der Baum der nun seine Blätter (das Alte) abwirft…
Dadurch werden seine Äste sichtbar…
Man sieht wie und was über das Jahr „gewachsen“ ist.
Die Herbststürme prüfen seine Stärke und das was nicht mehr „haltbar“ ist bricht und stirbt nun ab… sodass sich die Energie „neu“ konzentrieren und sammeln kann…
Die Lebens-Energie kehrt nun zurück in ihre Wurzeln…
Zurück zu Ihren Ursprung…
Besinnung nach innen…
innere Einkehr… reflektieren…
nach-fühlen… loslassen…
Ab-sterben-los-lassen…
Fortschritte und Wachstum werden sichtbar…
Das Außen kehrt nun zurück in das Innere…
Zurück in den tiefen heilenden Schlaf…
Um sich zu regenerieren, neu zu sortieren, sich zu konzentrieren, um zu verarbeiten, um mit sich selbst zu sein…
All das geschieht gerade auch in uns…
Vertraue auf diesen immer wiederkehrenden Wandel und begleite dich selbst durch die Jahreszeiten deines Lebens…
Du BIST… all das was du im Außen siehst…“
aus den Büchern von Markus Everdiking (Heilende Texte)
Der Kreislauf des Lebens – immer in Bewegung
Lebenszyklen sind kein Zufall, sie sind unser natürlicher Rhythmus.
Mal sind wir in der Phase des Aufblühens, mal im Rückzug, mal mitten im Chaos des Wandels.
Alles gehört dazu.
Wenn du also das nächste Mal das Gefühl hast, du „funktionierst nicht“ – atme tief durch und erinnere dich:
🌊 Du bist nicht die Welle. Du bist das Meer.
Das Meer verändert sich ständig – und bleibt doch immer es selbst.
Transformation mit einem Augenzwinkern
Manchmal braucht der Wandel ein bisschen Humor.
Denn das Leben nimmt uns oft erst dann ernst, wenn wir anfangen, über uns selbst zu lächeln.
Jede Krise, jeder Umbruch und jeder kleine Tod trägt einen Samen in sich – und dieser Samen heißt Neubeginn.
Also: Sei geduldig mit dir, liebevoll mit deinen Prozessen und großzügig mit deinem inneren Frühling. 🌷
Von ♡ zu ♡
Deine
Tine Sonnengold
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